El-G: Das Ich als Text in der Fremde

Ein  Flimmern im spannenden Hintergrundrauschen des Weltgeplauders.
Niemand ist gemeint.

Neue Literatur, Prosa, Lyrik, Roman, Online Kunst, verbale Performance, Exposé, Epimetheisch, Erfundene erlogene ausgedachte Geschichten.

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Ankommen

am Literatur-Archipel Polysemien

Der verwüstete Kontinent des sentimental einstimmigen Narrativs ist zurückgelassen. Voraus liegt ein Inselhopping ausgebreitet: Von Prosa zu Lyrik, über Absatzfetzen und Text-Experimenten bishin zu Romanentwürfen. Dekoriert in entspannter Passivität und Anonymität: Nichts kann geliked oder kommentiert werden.
Ferner ist Polysemien frei von Monetarisierung oder einem konsistenten Weltbild. Hier herumreisen ist kostenlos, aber vielleicht nicht umsonst. Ist das was? Wie bei jeder Mehrfachauswahl oder Vieldeutigkeit ist es eine eigene Entscheidung.

Angenehmen Aufenthalt,
EI-G

 

 

NEU oder zuletzt editiert

(Last IO)

am 07.07.2024
o7. Juli 2o24

Chél Void Responder

(rekursiver Scherenschnitt einer Borderline-Lovestory)
 

Wo bist du gerade.
War lange nicht hier.

Vielleicht verweilst du weiter.
Im Pausenraum des Rausches.
Im Apogäum der Macht.
Schorfig unterm Plaid der Prisen
rechst du die Dünung deiner Narben
auf einer Chaiselongue der Angst.
Skandierst Gebete an die Vergangenheit.
Skalierst Missionen deines Vergessens.

Touristin der Nähe.
Fehlst du dir so wie mir?

Manchmal rate ich weiter.
Im Lachen der Langeweile.
Im dead end des Ungenügen.
Frostig unter welker Albedo
blinzel ich am Rande meiner Neugier
auf das Strandgut verwahrloster Lust.
Simuliere sternlos Navigation.
Schlender leer mit stiller Hand.

Passant der Antwort.
Fehle ich mir so wie dir?

Wir verfehlten die letzte Grenze.
Im selbstgerechten Fallen.
Im Irrlicht der Vollendung.
Unverbriefte Freibeuter jetzt
lauern wir im schmalen weiter
auf ein verschwitztes hit and run.
Balzen torkelnd um eine Flaute.
Balancieren auf einem verheerten Meer.

Sprites im Sonnenwind.
Seit morgen fehlt uns wir.
 

Chél Sans Beyond

Als Besessenheit zu Besitz verwest
wurde dein Auge kalt
wurde mein Blick alt
unser wir bald unbelebt.

Du nährtest meine Prinzessin,
sie war dir ähnlicher als ich.
Ich verführte deinen Virus,
verstand ihn mehr als dich.

Eine toxische Hingabe zum Gemetzel,
der mentale Zwang zur Vivisektion
exhumierte die fröhliche Freundin Flucht,
ihre flatterhafte Hand kannten wir schon.

Im Stillstand des Staunens
setzte sie die Segel, die du mir versprachst.
Du batest sie zornig zurück
und ich schenkte dir das letzte Tabu.

Jemand sagte Fotze.
Jemand sagte Kinderschwanz.
Alle dachten nichts und
brachen das dritte Herz.

Wo sind wir gerade.
Waren lange nicht wir.

Passant ohne Narbe.
Fürchte ich mich so wie dich?

Touristin ohne Neugier.
Fühlst du dich so wie ich?

Patienten oder Gespenster.
War unser Wir niemals hier?
 

Chél Null Staging

Jeder Gedanke in mir ruht.
Du stehst freigestellt von der Welt.
Erlöst von Alter, Furcht und Wut
hat dein Wollen mich nicht verfehlt.

In dieser Whiteout-Kollision
im Gegenlicht unserer Inflation
stiehlst du die Fesseln des Jetzt,
verreise ich den willigen Verstand.
Bevor Lippen sich berühren
ist an meinem Hals deine Hand.

Deine natürliche Lüge
ist das einzige Gesetz,
meine unverschämte Täuschung
unser Heim und letztes Netz.

Im Beieinander dieses Verstehens
verschränken wir die Gravitation
ineinander in Lust und Illusion
bis wir und alles fliegt,
bis die Ebene unserer Schönheit vor uns liegt.

In unserer lasziven Thermik
sind wir entgrenzt, holistisch, lebendig
und endlich taumel ich dir nach.
Du bist da, bevor ich nach dir lange.
Bin umarmt, bevor ich dich fange.
Lutschst mich hart und unnachgiebig.
Lecke dich nass und gierig.
Fühle dein Nehmen mich schlagen.
Spüre unseren Puls versagen.

Kriminelle Pfirsiche.
Bezauberte Tiere.
Alterslose Säuglinge.
Anfänger des Zergehens.

Ich bin Kalifornien für dich.
Du bist Ithaca für mich.
Das Paradies unser Gesicht.

 

 

am 08.12.2023
19. Oktober 2o23

EuroVision Con Test

Ein Lied für Plattitüdistan

Warum bedeutet ein Gedanke alles für mich?
Ich weiß es nicht, war schon immer versessen,
während andere essen,
nährt mich aller Fragen grelles Gewicht.

»Die Erkenntnis wird dich erleichtern«, versprachen sie,
»und die Wahrheit Dich befreien.«
Also lief ich hinter Dreien mit dialektischem Schritt,
nahm noch etwas Hoffnung mit auf einen langen Weg,
der selten gerade war, meistens schräg.

Ein sukzessives Schlingern zwischen Mind und MINT,
meistens gut und schön, gelegentlich mit Gegenwind.
Habe viel gerätselt, viel feuriges Beharren gesehen,
doch das Verharren in Masse und Macht?
Diese Gegenwart kann ich nicht verstehen wollen.

»Krieg!« schreit die pazifizierte Vernunft.
»Ruiniert sie!« zeigt der Geifer nach Osten.
Und auf seinem Posten wogt ein Stockholmer Chor:
»More ammo, more pranks!
Some peace? No, tanks.«
Hey, das ist ein Globus, Baby, wohin Du's auch schickst,
es triftt Deinen Rücken, egal wie Du fixst.
Sie lächelt ein »Das wäre zu beweisen«
und zwinkert herrschaftlich hinter sich
auf das cancelnde Heer mentaler Geiseln.

»Das Tier schaut nicht den Horizont« heideggerte es einst.
Und du weinst, wenn du auf die Straße schaust,
gebäugte Köpfe, deren Blicke auf einem Display kleben,
in der Haltung untergeben, aufgegeben,
frei vom inneren Widerstand,
hauen immanenten Ekel raus, virtuell und unerkannt,
halb Troll, halb Cyberpunk.

Und anders war es nie, so war es schon immer: erinner
die geistig moralische Wende, die Wände waren.
Dahinter mächtige Gier verborgen und am Morgen,
als als Partikel die eine Mauer fiel, war da nicht viel
übrig: ein bananiger Reisewunsch,
ein prächtiger Beutepunsch,
eine kapitale Dystopie.

Du bist die Maus in Kafkas Fabel.
Keine Erleuchtung am Ende von Babel.

Ich habe keine Heimat, ich habe eine Adresse,
einen Ausweis mit 'nem Foto meiner Fresse.
Erinner' induzierte Bilder von Glück, Familie und Heim
und ahne, in meinem Heim wird ausser mir keiner sein.

Was immer du erreichst und sprengst du alle Ketten,
beim größten Erfolg entgegen allen Wetten,
sei dir gewiss, du wirst die Welt nicht retten.

Waren sie zärtliche Lügner?
Oder wussten sie nichts
vom lähmenden Erkennen,
von der Schwere des Lichts.

 

 

Anleitung | Disclaimer

(Prolog)

Es sind interessante Zeiten, so wie alle Zeiten interessant sind - oder sein müssen, es ist ja nie eine andere da. Jedenfalls sind sie sehr gefühlsbetont und beschäftigen sich intensiv mit der Identität: Der eigenen, der fremden und vor allem der eigenen im Bezug zu allen anderen. Wenn eines das möchte oder will oder meint zu müssen, ist das zu akzeptieren.

»Es gibt Menschen, die Genuss daran empfinden, sich beleidigt zu fühlen«, schrieb Dostojewski sinngemäß. In suprakonsumptiven Gesellschaftssystemen ist der Imperativ des Genusses omnipräsent, womit seine zunehmende Verbreitung als angelernte Charaktereigenschaft zwangsläufig ist. Allerdings ist es doch eine recht anstrengende Vorstellung, immer in allem ostentativ zu schwelgen; ebenso immer den Eindruck haben zu wollen, persönlich adressiert zu sein. Letztendlich ist jedes Leben in einem fortdauernden Imperativ ein Dasein in antizipierter Selbstzensur, eine Existenz in vorauseilendem Gehorsam und elementarer Unterwerfung, also in Gewalt.

Nun bin ich der Luhmannschen Kommunikationstheorie freundlich zugewandt und so betrachtet, sind meine Beiträge kleine Experimente zur Unwahrscheinlichkeitsreduktion oder nur ein weiteres Flimmern im spannenden Hintergrundrauschen des Weltgeplauders.
Etwas unzeitgemäß verwende ich hauptsächlich und schamfrei das generische Maskulinum. Alle, die freiwillig mit mindestens einer Zweitsprache vertraut sind, werden diese gewählte Nachlässigkeit nachvollziehen können.

Zweifellos ist Lachen wichtig, wichtiger als Zerstreuung. Jeder Mensch ist angehalten, sich gelegentlich zu amüsieren, Lustiges zu finden und lächerlich zu sein. Tagtäglich wird viel daran gearbeitet, Lachen zu ermöglichen und dies sollte so oft wie möglich in Anspruch genommen werden, allein schon aus Notwehr und Selbsterhaltung.
Doch das ist nicht mein Job. Immerhin, in jeder Schwermut wohnt ein Witz, der gefunden werden kann - es kommt nur auf die Perspektive an. Und da es dort unbequem ist, werden sich hier wenige wiederfinden.

Hier geht es um Literatur, um Texte, erfundene, erlogene, ausgedachte Geschichten und Gedanken. Unabhängig von der Erzähltechnik spiegeln sie weder meine Vergangenheit, meine Meinungen oder Ansichten wider, auch entsprechen die erzählten und erzählenden Figuren keinen vergangenen, gegenwärtigen oder zukünftigen Personen. Niemand ist gemeint. Alle Ähnlichkeiten mit echten oder real existierenden Menschen oder Ereignissen sind gegebenenfalls peinlich für die Betroffenen.

 

Allegorisch:

Ich bin ein Schuster, ich mache Schuhe.
Vielleicht sind sie schön oder häßlich,
zu groß oder zu klein,
verlockend oder abstoßend.
Ich mache Schuhe und stelle sie hin.
Ich ziehe mir diese Schuhe nicht an.
Wenn du dir die Schuhe anziehst
und sie passen zu dir,
ist das deine Sache.