Die Weiße Lüge
Ein Hegemonial
»Bitte weiter gehen.«
Denn müde bist du seit langem
durch mich in dieser Welt,
und trübe sind die Aussichten,
wie sich meine Welt zu dir verhält.
Obschon die Schönheit der Lüge
dem Faschismus des Authentischen vorzuziehen ist,
wäre es doch witzreich gelegentlich
deine Wahrheit zu hören.
Aber hier wandeln nur gnadenfreie Ästheten:
»Ich habe gerade keine Zeit für dich,
ich habe Anteilnahme
und blasiere mein Autidol.
Ob Hybris oder Hybrid ist in Davos doch egal,
besonders der statische Geist verreißt gut und gerne.«
Du verhandelst derweil Kleinigkeiten
mit dir selbst;
sie wären schneller erledigt,
als die Unterredung dich dauert.
Als dementes Streifenhörnchen
hüpfe nun heiter und beschädigt
von Ast zu Tag und finde
die dir verbannte Adresse nicht,
wo du einst strangulierte
Sternschnuppen vergrubst.
In deiner abgerauchten Ferne
ist mein Zug der Gedanken
ein leerer Viehtransport
und die weiße Lüge
am Ende des Tunnels
nur der blinde Fleck
deiner geflohenen Retina.
So wie du war ich schon da,
im Versagen
jung gewesen zu sein.
Doch du hast genug. Du hast nichts.
Ich aber habe ein vergessenes Epitaph,
das ein Sommerloch füllt.
»Also bitte, weiter gehen,
und lass die feuchte Erde hier,
denn deine Träume und Tränen gehören mir.
Es gibt nichts zu bereuen.«
(Sommerloch IV)